ad poets blog – Achtung! Die Frau Sichelschmidt denkt nach.

Recherchen an Bord

10 Jahre alter Journalistentrick: Vorm Interview erstmal mit dem eigentlichen Käptn flirten. Vorbereitung einer Jugend-Reportage im Duisburger Hafen. Foto: Mary Mitolidis.

 

Staunt sogar der Berufsberater > Konzept & Text: ad poets, Elke Sichelschmidt. Teenie-Special im Mitgliedermagazin der Wohnungsgenossenschaft Duisburg-Mitte, Anfang 2010.

 

Muss man erstmal drauf kommen: TRAUMJOB BINNENSCHIFFER

Land in Sicht
Berufung oder Beruf? Mit dem Job ist das so eine Sache. Für manche steht schon mit 11 fest: Ich werd mal Tierärztin. Bei den anderen ist es vielleicht der Feuerwehrmann. Und einige frickeln schon als Kids gerne in Papas Werkstatt und machen auf Handwerker. Aber mal ehrlich: Nicht jeder hat als Teenie schon ein Hobby, mit dem man später Geld verdienen kann. So haben viele nach der Schule einfach 0 Ahnung, was geht. Vielleicht studieren?

Doch selbst wenn Ihr kein Abi habt und alle von Lehrstellenmangel reden, bietet Euch Duisburg mit dem größten Binnenhafen Europas andere heiße Möglichkeiten direkt vor Eurer Nase. Darunter Ausbildungsplätze für Bootsbauer/innen, Konstruktionsmechaniker/innen und Binnenschiffer/innen. Einen, der sich als Kapitän seinen Traum erfüllt hat, stellen wir Euch gleich mal vor.

Käpt´n ahoi!
Für Eberhard Butenhof bestand nie ein Zweifel: Er wollte unbedingt in die Fußstapfen seines Vaters, eines ostdeutschen Binnenschiffers, treten. Nee, nee – nix da braver Junge! Seine Mutter versuchte ihn nämlich auf einen bodenständigen Kurs zu bringen, weil ein Leben auf dem Wasser auch seine Nachteile hat. Doch ihr Sohn hatte exakt auf dem Schirm, was auf ihn zukommt. Schließlich fuhr Little Eberhard, der als schulpflichtiges Kind bei Pflegeeltern und seiner Schwester an Land aufwuchs, am Wochenende und in den Ferien immer wieder auf dem elterlichen Kahn mit. Wovon er echt begeistert war. Also ließ er sich auch nicht davon abbringen, eine Lehre an Bord zu machen und danach seinen Bootsmannbrief zu erwerben. Und jetzt schleppt er mit seinem GMS Bayerischer Wald Schwer- und Massengut über deutsche, belgische und holländische Kanäle.

Volle Fahrt voraus
Morgens um 4:30 h klingelt Butenhofs Wecker. Dschieses! Dann heißt es Maschinen klar machen und Leinen los. Maximal 14 Stunden darf er hinterm voll computerisierten Steuer sitzen. Coole Konsole, übrigens. Jedenfalls schafft man es in dieser Zeit wegen der ganzen Schleusen gerade mal von DU bis Königswinter. Legt der Pott an, muss der Kapitän Fracht löschen und laden, Proviant holen, das Schiff prüfen oder jede Menge Papierkram erledigen. Hinzu kommen Telefonate mit Kunden, Hafenmeistern und der Reederei. Das ist reichlich Arbeit. Trotzdem möchte er mit keiner Landratte tauschen. „Mein Beruf ist mein Hobby“, erklärt er grinsend. „Ich bin absolut kein Fließbandtyp und hier gibt´s ständig Abwechslung.“ Recht hat er. Denn der Job des Binnenschiffers beinhaltet unterschiedlichste Tätigkeiten. So umfasst die Ausbildung Navigationstechnik, Maschinen- und Gesetzeskunde, Holz-, Metall- und Tauwerkarbeiten sowie Kochen und die Rettungsmaßnahmen für danach.

Alle Mann an Deck
Mit Familie und Freunden kann sich der 57-jährige nur ganz spontan treffen, da man nie weiß, was als nächstes passiert. Abgefahr´n! Nicht selten muss er alle Pläne über Bord werfen, weil sich plötzlich eine Lieferung verspätet und der ursprünglich zugewiesene Ladeplatz wieder besetzt ist. Einsam fühlt sich Butenhof aber dennoch nicht. „In jedem Hafen lernt man nette Leute kennen.“ Und dann gibt es ja noch die Mannschaft, die ebenfalls an Bord wohnt. Zu der gehören außer Schiffshund Ronda, auch ein Matrosenpaar mit drei Terriern und Lebensgefährtin Kerstin Weiß. Sie ist neben ihrem Job an Land seit 14 Jahren als Teilzeit-Steuerfrau unterwegs und möchte ihr schwimmendes Zuhause keinesfalls mehr missen. „Klar, ist nicht immer alles nur toll. Aber wir sind ziemlich frei, genießen die schöne Landschaft und viel frische Luft.“ Das klingt doch nach good Vibrations, oder? Also, check it out! Das GMS Bayrischer Wald nimmt gerne Gäste mit. Und Nachwuchs wird überall dringend gesucht.